Siegfried Anzinger, geboren 1953 in Österreich, einen neuen Wilden zu nennen ist insofern unpassend, als das dieser Künstler heute auf ein dreißig Jahre andauerndes, umfassendes bildnerisches Werk zurückblicken kann. In der historischen Verortung jedoch ist er einer der prägenden Neuen Wilden, die sich Anfang der 80er Jahre nicht nur in Deutschland, sondern ebenso auch in Österreich mit einem „Hunger nach Bildern“ von der konzeptuellen Malerei befreien wollten und wieder einen gestischen, neoexpressionistischen und scheinbar spontanen Duktus in die Malerei ihrer Zeit einbrachten.
Anzinger bezeichnet seine Bilder selbst als Schießbudenbilder, da mit seiner bevorzugten Leimfarbe tatsächlich solche Bilder gemalt wurden, jedoch auch, da er sich von der Bedeutungsschwere mit welchen die Motive der Malerei belegt werden, abwenden will. In Ihrer Flachheit, sowohl bei dem Farbauftrag, dem Kolorit, als auch dem Motiv, konzentriert sich die künstlerische Aussage auf den Ausdruck des „non-finito“, einer scheinbar leichten, spielerischen unmittelbaren Malerei. In jüngerer Zeit werden dabei die Motive ironisiert und Motive der Pop- und Hochkultur einer Umarbeitung unterzogen. Und auch in seiner dreiteiligen Jahresgabe, der Bildgeschichte Die Loreley vom Attersee, können wir Anzingers parodistischen, künstlerischen Angriff auf die lokale Hochkultur – man denkt an die Legende der Loreley und als Düsseldorf natürlich besonders an deren Überlieferung in Heinrich Heines Gedicht Die Lore-Ley von 1824 – betrachten. Anzingers Darstellung ist durch und durch bad painting: technisch schlechte Malerei, die nur vom schlechten Geschmack der Motivwahl und der Inszenierung übertroffen wird. Die einst anmutende blonde Nixe, die als Objekt der Sehnsucht angeblich so manch schwelgendem Seefahrer zum Verhängnis wurde, wird vulgär profanisiert und mir ihr das hochstilisierte Ringen der Romantiker dekonstruiert, die Mechanismen hinter der Fassade offen gelegt – wodurch bad painting eben doch gute Kunst sein kann.