Another Eye

Another Eye: Stefanie Schwarzwimmer
Screening und Gespräch mit Konstantin Haensch

Freitag, 5. Juli 2024
19 Uhr

Virtuelle Räume, die kontextlos erscheinen, sich aber klar verorten lassen, fiktive Situationen, die zunächst überzogen und dennoch vertraut wirken, und digitale Bilder, die surreal anmuten und zugleich fotografische – „realitätsgetreue“ – Qualitäten aufweisen. Dieses Changieren zwischen Dokumentation und Fiktion, Simulation und Imagination, Abbildung und Vorstellung ist ein wiederkehrendes Moment in der Praxis von Stefanie Schwarzwimmer. Die Künstlerin untersucht computergenerierte Bilder auf ihr spekulatives Potenzial hin. Dabei werden die digital konstruierten Räume zu Reflektions- und Projektionsflächen, die trotz und wegen ihrer distanzierten Glätte und befremdenden Erscheinung Friktion und Emotion auslösen können. Besonders präsent ist diese Wirkung in Schwarzwimmers neuester Arbeit, Seedless Fruits, 2024.

Anlässlich der elften Ausgabe von Another Eye wird die 30-minütige Videoarbeit erstmals in Deutschland präsentiert. In drei Kapiteln führt der Film durch ein weitläufiges Bürogebäude, was im Sinne eines konsequenten Brandings bis ins kleinste Detail gestaltet wurde und zugleich austauschbar und anonym vorkommt. Dieser generische Charakter wird dadurch verstärkt, dass Produkt oder Wirtschaftszweig des Unternehmens unbenannt bleiben. Die menschenleeren, monochromen Szenen erscheinen kulissenhaft, während sich der darüberliegende Sound aus fragmentarischen Mono- und Dialogen zusammensetzt und damit Einblicke hinter die Kulissen einer repräsentativen Ebene bietet. Visuelle Darstellungen wie sprachliche Formulierungen sind voll von Klischees, welche die Allgegenwärtigkeit bestimmter Tendenzen und die Absurdität der „Wirklichkeit“ entlarven.

Im Anschluss an das Screening findet ein Gespräch zwischen Stefanie Schwarzwimmer und dem Kulturwissenschaftler Konstantin Haensch statt. Darin werden Neoliberalismus, Entrepreneurship, (Selbst-)Vermarktung und weitere in der Arbeit verankerte und verwandte Themen besprochen.

Stefanie Schwarzwimmer lebt und arbeitet in Berlin. Sie hat von 2012 bis 2018 Bildende Kunst am Institut für Kunst und digitale Medien der Akademie der bildenden Künste Wien studiert. Ihr Diplomfilm Silent Revolution, 2018, wurde mit dem Preis der Akademie ausgezeichnet. Schwarzwimmer nahm im Jahr 2017 am Berlin Program for Artists teil und war im Jahr 2022 Teilnehmerin des Goldrausch Künstlerinnenprojekts. Ihre Arbeiten, die oft aus gerenderten Bewegtbildern bestehen und als Installation präsentiert werden, wurden zuletzt u.a. im OÖ Kunstverein, Linz (2024), im zqm, Berlin (2023), bei Scherben, Berlin (2022), in der ACUD Galerie, Berlin (2022), bei Deborah Bowmann in Brüssel (2021) und in der Kunsthal Charlottenborg, Kopenhagen (2020) gezeigt.

Konstantin Haensch arbeitet an den Schnittpunkten von Theorie und Praxis. Er hat Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste Berlin studiert und anschließend zur Design- und Strategiegeschichte des vernetzten Smart Speakers Amazon Echo promoviert. Nach Lehraufträgen an Universitäten in Berlin, Potsdam und Princeton, hat Haensch derzeit eine Professur im Cluster „Wissenschaft und Theorie“ der Fakultät für Gestaltung an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim inne. Er ist Mitgründer und Mitherausgeber mehrerer Publikationsreihen, darunter die achtbändigen „texturen“ (Logos Verlag, Berlin, 2013-2022) und die „Uncanny Issues“ (Textem Verlag, Hamburg, seit 2019). Der zweite Band dieser Reihe, Uncanny Entrepreneurship, dient dem Gespräch mit Stefanie Schwarzwimmer als Grundlage.

Kuratiert von Clara Maria Blasius

Another Eye wird gefördert durch The Gingko Foundation.

Stefanie Schwarzwimmer, Seedless Fruits, 2024, Filmstill.