Vortrag

Mediated Masculinities: Visual Archives, Masculinities and Race in Contemporary Practices of Self-/ Documentation
Jasmin Degeling und Sarah Horn (Ruhr-Universität Bochum)

Donnerstag, 24. Oktober 2019
18 Uhr

“It's really annoying, it's really frustrating that I am being viewed more and more as – I don't know… An oddity? A threat? I don't know.” Dies ist das Statement eines schwarzen trans* Vloggers, der auf YouTube seine geschlechtliche Transition dokumentiert. In und mit seinen Videos wird Männlichkeit problematisierbar, insbesondere in ihrer zeitgenössischen Verstrickungen mit Sexualität und Race: Männlich-Werden bedeutet für den Vlogger ebenso, die Erfahrung zu machen, als soziale Bedrohung gelesen zu werden. Als populäres Medium der Selbst-/Dokumentation machen Videoblogs deutlich, dass die Kamera nicht nur zum Medium einer Selbstversicherung wird, sondern auch Medium einer Subjektivierung, die durch die Intersektion von Geschlecht, Sexualität und Race strukturiert ist. Digitale Praktiken der Dokumentation, Medieneffekte und technische Bedingungen aktualisieren hier rassifizierte, visuelle Archive und remediatisieren darin die Figur des sogenannten “Angry Black Man”. So wird auch der Skandal, der die Kunstwelt 2017 anlässlich des von Dana Schutz bei der Whitney Biennale NYC ausgestellten Bildes Open Casket beschäftigte, erst verständlich vor dem Hintergrund solcher Remediatisierungen. Das Bild zeigt eine abstrakte Übermalung der ikonographischen Fotografie von Emmett Till, der 1955 von einem rassistischen Lynchmob ermordert wurde. “Let the people see what I see”, sagte Tills Mutter bei der Beerdigung: Die Fotos des aufgebahrten entstellten Körpers ihres Sohnes hatten in der Folge einen starken Einfluss auf die schwarze Bürger*inrechtsbewegung. Parker Brights Performance im Kunstraum weist auf die verdeckte Beziehung dieser Schauanordnung zu den zeitgleich viral zirkulierenden Bildern sogenannter “Angry Black Men” und ihrer Repolitisierung durch die #BlackLivesMatter-Bewegung hin. Seine Performance interveniert in die Geschichte rassifizierter Sichtbarkeitspolitiken und Empfindungskulturen. Am Beispiel dieser beiden Schauplätze diskutiert der Vortrag Mediated Masculinities: Visual Archives, Masculinities and Race in Contemporary Practices of Self-/ Documentation zeitgenössische Verflechtungen von Visualität, Race und Affekt in digitalen Medien und interessiert sich besonders für die Möglichkeiten ihrer affektiven, medialen und politischen Umarbeitung.

Jasmin Degeling ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medienwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum sowie Mitglied des Direktoriums Gender Studies der RUB und seit 2018 Mitherausgeberin des Onlinejournals kultur & geschlecht. Von 2016 bis 2018 war sie Mitglied des Kooperationsnetzwerks Queer Temporalities and Media Aesthetic (RUB/Northwestern University/Illinois); zuvor Mitarbeiterin am Institut für Theaterwissenschaft RUB (2014–2018), Visiting Scholar am German Department/UC Berkeley (2014) und Stipendiatin im PhD-Net Das Wissen der Literatur, HU Berlin (2013–2014). Sie hat Theater- und Literaturwissenschaft sowie Gender Studies in Bochum und Paris studiert. Titel der Dissertation: Medien der Sorge, Techniken des Selbst. Praktiken des Über-sich-selbst-Schreibens bei Christoph Schlingensief und Elfriede Jelinek (abgeschlossen).

Sarah Horn ist seit 2016 Kollegiatin im interdisziplinären DFG-Graduiertenkolleg Das Dokumentarische. Exzess und Entzug. Promotionsprojekt zu selbstdokumentarischen Praktiken und queeren Zeitlichkeiten in trans* Video-Blogs auf YouTube. Studium der Medienkulturwissenschaft und Medienrecht an der Universität zu Köln (B.A.), Studium der Medienwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum (M.A.). Von 2016 bis 2018 war sie Mitglied des Kooperationsnetzwerks Queer Temporality and Media Aesthetics zwischen der Ruhr-Universität Bochum und dem Critical Theory Cluster der Northwestern University, Evanston (Chicago).

Eintritt 4 Euro. Ermäßigt 2 Euro. Für Mitglieder ist der Eintritt frei.

Die Veranstaltung findet im Rahmen der Ausstellung Maskulinitäten. Eine Kooperation von Bonner Kunstverein, Kölnischem Kunstverein und Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf (1. September – 24. November 2019) statt.