Reise-Stipendium 2019
Nicholas Grafia
ONEIRO aka Mira Mann, Sean Mullan, Fynn Ribbeck, Alexander Ruetten, Fabian Ruzicka
Klasse Trisha Donnelly
Der 1990 auf den Philippinen geborene Künstler Nicholas Grafia beschäftigt sich in seinen Malereien und Performances mit Fragen zu Identitäts- und Erinnerungskultur, (queerer) Subversion und Postkolonialismus. So stehen in der auf dem Rundgang präsentierten Performancedokumentation „The Accursed Ones“ (2018) marginalisierte Charaktere, die zwischen Vampir, Zombie, oder Hexe changieren, im Zentrum des Geschehens. Auf beeindruckende Weise suchen Letztere in der gemeinsam mit Mikołaj Sobczak und dem Drag-Aktivisten Uel produzierten Performance patriarchale Heldenbilder sowie Geschlechts- und Identitätskonzepte zu unterlaufen. Auch die Malereien Grafias schließen an diese Interessensfelder an: in „Tunnel Vision (Going Tru Da Motion)“ von 2018 wird beispielsweise die Begegnung mit dem Selbstbild im Spiegel zum täglichen Alptraum. Die Erörterung von Fragen zu dem Verhältnis von Selbst- und Fremdwahrnehmung finden hier einen beeindruckenden malerischen Ausdruck.
Bei ONEIRO handelt es sich um eine von Studierenden der Klasse Dominique Gonzalez-Foerster gemeinsam entwickelte Plattform, in der Sound, Licht, Raumelemente und Performance zu einem immersiven Traum verschmelzen. Nach Erhalt eines Tickets begegnet man schlafwandelnden Charakteren, die von tranceartigen Symbiosen mit Computersystemen, von Träumen mit Cyborgs oder Kälteschlaferfahrungen berichten. Zwischen dem Verlesen von ‚Posts’ und Textfragmenten aus Onlineforen, dem Erscheinen mystischer Kreaturen, Schlafliedern und sphärischen Sounds sind die Besucher*innen eingeladen einen Service-Automaten zu bedienen, um schließlich selbst gänzlich in dieses fiktive Szenario hypnotischer Zustände einzutauchen. ONEIRO ist ein Projekt, das in enger Zusammenarbeit der Künstler*innen Mira Mann, Sean Mullan, Fynn Ribbeck, Alexander Ruetten und Fabian Ruzicka entstanden ist.
Zentrum der Präsentation der Klasse Trisha Donnelly bilden dreizehn individuell gestaltete Stoffbahnen hinter denen sich eine Bar befindet. In einer Raumsituation aus warmem Licht, einer schwarzen Bank, einem Strauß Lilien und dumpfem Wikingergesang sind Besucher*innen eingeladen proteinhaltige Gerichte der unmittelbaren Zukunft in Austernschalen und selbstgetöpferten Tonschalen zu erwerben. Nicht zuletzt als Präventionsmaßnahme für die von der Bundesregierung für 2050 vermutete Bedrohung der Menschheit durch Proteinmangel. Eine Tombola bietet darüber hinaus die Möglichkeit Konzert-, Opern- und Hamam Tickets zu gewinnen. Die Klasse nahm den diesjährigen Rundgang zum Ausgangspunkt eines Gestaltungsprozesses, der gleichzeitig der Finanzierung eines gemeinsamen Rechercheprozesses dient: so liefert der aus Stoffbahnen zusammengesetzte Vorhang nicht nur eine überzeugende, kollektive Präsentationsform, gleichzeitig rahmt er einen kulinarischen Ort der Erholung ein, mit dessen Erträgen ein Vortrag des amerikanischen Künstlers Verne Dawson über die Einhorn-Wandteppiche im Musée du Cluny in Paris finanziert werden soll. Der Vortrag in Paris bildet die Fortsetzung eines Austauschs mit Dawson, der bei einer Klassenreise 2018 zu den Einhorn-Teppichen im Met Cloisters in NYC seinen Ausgangspunkt nahm. Ein Projekt von Israel Aten, Anna Budniewski, Lukas Goersmeyer, Andrew Christopher Green, Alyce Ford, Andrew Kennedy, Lukas Langguth, Laude Lee Yu, Simon Mielke, Yoora Park, Gianna Surangkanjanajai, Caner Teker, Anna Roy Winder Salling.