Tim Berresheim

Tim Berresheim Calibration (Secret Santa)
Calibration (Secret Santa), 2011
Signiert
Ultrachrome auf Papier
50 x 40 cm (gerahmt)
10 Unikate (+ 2 AP)
550 €

Überforderung, ein Gefühl der Hilflosigkeit und zugleich unerklärliche Faszination, das ist nicht selten der Effekt den die Begegnung mit Tim Berresheims Arbeiten hinterlässt. Was freilich kaum Wunder nehmen dürfte. Der Künstler scheint es in seinen durchwegs digital am Computer generierten und in verschieden Bildformaten – etwa als Fotoprint, Digitaldruck oder Holzrelief – produzierten Arbeiten doch förmlich auf Reizüberflutung, ja geradezu auf einen Schock des Visuellen anzulegen. Krass, brutal ist die messerscharf gerenderte Klarheit, die bis in die letzten Winkel seiner ausgefeilten Bildkomposition regiert. Mit minutiös ausgeklügelter Präzision treten noch die kleinsten Details seiner in eigenartig wirklichkeitsferne Bühnen und Kulissen platzierten Objekt- und Personenkonstellationen hervor. Wenn auch oft in irreales, schummeriges Licht getaucht, ist jedes Ding gleich präsent. Schmerzhaft klar rücken sich uns die vielen Requisiten und Akteure, Spielkarten, Zigarettenkippen, frei schwebende Frisuren oder wuchernd digitale Haarbüschel, dieser, sagen wir, allegorischen Szenarien in den Blick. Pardon wird im Sinne einer inhaltlichen Auflösung nicht gegeben. Freilich: diese Bilder konkurrieren mit der Wirklichkeit – und übertreffen sie. Wo das Sichtfeld üblicherweise ins Unbestimmte ausfransen würde, der Blick sich im Feinjustieren auf die Einzeldinge verlöre, verurteilen uns Berresheims Bilder zur überwältigenden Totale auf die Details, entwerfen sie sich als aggressiv fordernde Hyperwirklichkeitstotalität, die sich weigert, zwischen Haupt- und Nebensache zu unterscheiden. Seit dem mythischen Wettstreit zwischen Zeuxis und Parrhasios wissen wir nicht nur um das Problem der künstlerischen Aneignung des Wirklichen in der Repräsentation. Zudem haben wir gelernt, wie sich die Anteile sinnlicher und intellektueller Erfahrungen in Schach halten und zugleich die Mechaniken der Illusion und der Projektion auf den Plan rufen – bei unserem immer nur teilerfolgreichen Bemühen, etwas für ‚wahr‘ nehmen zu wollen.
Berresheims Edition für den Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen legt nicht nur bereitwillig Rechenschaft über ihren Charakter als Edition ab, wenn der Künstler aufgrund eines Programmfeatures eine einzelne Bildkomposition in ganz verschieden illuminierte Versionen rendern lässt (und damit Strenggenommen Unikate produziert). Seine Komposition – eine Art Jakobsleiter aus Zündhölzern in einem Farbraum – fächert sich zum Diagramm auf. Es vereint hinter einem schwarzen Passepartout üblicherweise voneinander getrennte Ebenen: Resultat (Bild) und Produktionsprozess (sinnbildlich an der Hand des Künstlers gezeigt), Rendercode und eigenhändiger Gestaltungsspielraum fallen dabei in einer komplexen Bildordnung ineinander. Und das ziemlich wirklich…