Eröffnung: Freitag, 11. Oktober 2024, 18–22 Uhr
Ausgehend vom Gedanken der Künstlerin als eine „Liebende“ erkundet die Ausstellung Distant Lover 2009–2024 das Werk von Monica Majoli als eine jahrelange (über 15 Jahre anhaltende) Auseinandersetzung mit dem Körper, Begehren und Erinnerung. Geprägt von HIV und AIDS in den 1980er und 1990er Jahren, erforscht Majoli Intimität und Körperlichkeit als ein Beweis für Anwesenheit und als eine Projektionsfläche für Begegnung und Einfühlung. In ihrer Arbeit wird der Körper beständig als ein Ort untersucht, der Begehren und Lust produziert, aber auch von Vergänglichkeit und Flüchtigkeit gezeichnet ist, und in dem beides immer schon aufeinander bezogen ist.
Körper, Dokument und fiktionales Bild gehen in Distant Lover 2009–2024 eine enge Beziehung ein: Majolis Portraits sind fiktional, basieren jedoch auf Fotografien von realen Personen oder realen Begegnungen, die in der Vergangenheit stattgefunden haben, und sind dadurch immer auch Zeugnis, Dokument, Erinnerung und Nachruf. Während einige ihrer Portraits explizit autobiografisch geprägt sind und intime Begegnungen mit ehemaligen Liebhaberinnen festhalten (Black Mirror), beruhen andere auf gefundenen erotischen Fotografien aus queeren und sogenannten Physique-Magazinen der 1970er und 1980er Jahre (Blueboys, Olympus). Diese Portraits sind einmal durch eine große Zartheit und Intimität gekennzeichnet, ein anderes Mal durch erotische Direktheit – ihre affizierende Präsenz steht in bewusstem Kontrast zu dem Fakt, dass viele der Portraitierten nur eine Dekade später an AIDS erkranken sollten und nicht mehr leben. Majolis Portraits sind in diesem Sinne auch eine Suche nach der Möglichkeit, etwas Abwesendes wiederzubringen und als ein künstlerisches Dokument oder Artefakt weiterleben zu lassen.
Die inhaltliche Beschäftigung mit Intimität überträgt sich in Majolis Arbeit auf den physischen Prozess des Bildermachens. In der Herstellung ihrer Weißlinienholzschnitte, die vom japanischen mokuhanga-Holzschnitt inspiriert sind und eine vereinfachte Variante davon darstellen, entstehen Momente von physischer Prägung, Abdruck und Transfer zwischen (dargestelltem) Körper und der Hand der Künstlerin. Der Begriff der „Prägung“ in einem psychologischen Sinn deutet darüber hinaus an, dass es um eine Suche nach Momenten des Affiziert-Werdens geht – um eine tiefgehende künstlerische Involviertheit mit Bildern und Bildern von Körpern, die sich ins Gedächtnis eingeprägt haben und bewahrt werden wollen. Dies weitet sich bei Majoli auf eine Erkundung darüber aus, wie Bilder Anwesenheit herzustellen vermögen – wie sie uns als Betrachtende auf einer körperlichen Ebene begegnen, konfrontieren und uns „angehen“, aber auch, wie sie Blicke und Begehren herausfordern und sichtbar werden lassen.
In Distant Lover 2009–2024 zeigt sich eine Spannung zwischen dem, was von Dauer und permanent ist, und dem, was vergeht und nur temporär anwesend ist. So gehen Majolis Arbeiten immer jahrelang andauernde Studien voraus, während sie Momente von körperlicher Anwesenheit festhalten, die immer schon flüchtig sind. Im Mittelpunkt dieser Auseinandersetzung steht der neu konzipierte Werkzyklus Olympus (2024). Er basiert auf dem gleichnamigen queeren Erotik-Magazin aus den 1970er Jahren, in dem Körperbilder aus der Antike reinszeniert werden, um neuen Begehren Raum zu geben und einen holistischeren Blick auf klassische Ideale von Männlichkeit zu werfen. Als ein bewusst gesetzter Kontrapunkt zur vermeintlichen Universalität und Dominanz dieses kanonischen Körpers, handelt Olympus eindringlich von körperlicher Vulnerabilität und Vergänglichkeit und von der emotionalen Substanz von Zeit für unsere physische Existenz.
Distant Lover 2009–2024 wird von öffentlichen Veranstaltungen begleitet: In einem Künstlerinnenvortrag wird Monica Majoli über ihr umfassendes Archiv an Magazinen, Ephemera und Fotografien sprechen, das ihre Arbeit in den letzten 15 Jahren beeinflusst und kontextualisiert hat. Zudem findet ein Vortrag der Kuratorin und Kunstkritikerin Sabrina Tarasoff statt, die mehrfach zu Majoli publiziert hat.
Kuratiert von Kathrin Bentele
Die Ausstellung wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Der Kunstverein wird unterstützt durch die Landeshauptstadt Düsseldorf. Ständiger Partner des Kunstvereins sind die Stadtwerke Düsseldorf.