Reise-Stipendium 2018

Eliza Ballesteros
Catherina Cramer
caner teker

Eliza BallesterosCatherina Cramercaner teker

Für die diesjährigen Reisestipendien wurden drei Studierende benannt, die allesamt ein Interesse daran teilen, das Verhältnis von Körpern zu ihrer Umgebung unaufhaltsam auf die Probe zu stellen, um alternative Wahrnehmungs- und Handlungsräume zu eröffnen. Sei es durch skulpturale Eingriffe in die sie umgebende Architektur, durch performative Raumaneignungen oder gemeinschaftliche Selbstfindungs- und Optimierungsrituale.

So hat die Künstlerin Eliza Ballesteros mit The Gate (2018) die Tür des gleich neben dem Haupteingang gelegenen Klassenraums 001 durch eine massive, aus Stahl geschweißte, zweiflügelige Schwingtür ersetzt. Mit dieser skulpturalen Unterwanderung der klassizistischen Repräsentationsarchitektur der Kunstakademie rückt sie die porösen Grenzen zwischen Innen und Außen, zwischen privatem und institutionellem sowie zwischen intimem öffentlichen Arbeits- und Ausstellungsraum in den Vordergrund. Sie verpasst dem Gebäude eine Art transitorische Schleuse, die darüber hinaus jene aktuell diskutierten Zugangs- und Sicherheitsbeschränkungen humorvoll kommentiert, die mit der Nutzung von öffentlichen Institutionen einhergehen. Ballesteros’ nicht einmal zu verschließendes ‚Gate´agiert am Ende jedoch nur als Sichtschutz, es kann jederzeit von selbstermächtigten Körpern aufgestoßen werden.

Catherina Cramer überzeugte die Jury mit der raumgreifenden Videoinstallation Sane & Santized (2018), die eine Weiterführung der mit Nicholas Grafia konzipierten Performance Sociobath ist. Für Sociobath verwandelten die beiden Künstler*innen eine Düsseldorfer Bar in ein 72-Stunden durchgängig zugängliches Badezimmer: die private Sphäre intimer Reinigungs-, Entspannungs-, Beauty- und Selbstoptimierungsrituale wurde so zu einem veröffentlichten Labor kollektiver Säuberungs- und Verwandlungsorgien. In Sane & Santized haben die nomadischen Subjekte der Performance nun in das sterile Badezimmer einer Hotelkette eingecheckt, um ihre identitären Erkundungen ebenso fortzusetzen, wie auch ihre unaufhaltsame Suche nach alternativen Raum- und Lebensformen.

Ausgehend von eigenen Texten zu Genderfragen und Identität, zu Autobiographie, Authentizität und der Geschichte des konzeptuellen Tanzes, verfolgt caner teker die Überführung von Texten in zeitbasierte Performances (und schließlich von Performances in Poster). Wie lässt sich die in Texten hergestellte Intimität mit Körpern aufführen? Wie kann man die Distanz zwischen Publikum und Performer_innen durch räumliche Setzungen unterlaufen, wie wird die Struktur von Bühne und Tribüne endgültig aufgelöst? Mit seiner aktuellsten Arbeit, der 40-minütigen Performance IBNE | GÖTVEREN (2018) für den diesjährigen Rundgang, greift Teker diese Fragen erneut auf: der rechteckige, rot ausgeleuchtete Raum wurde in dieser derart als Bühne aktiviert, dass Teker sich nicht nur an seinen Boden und Wänden ab-, sondern ebenso durch das Publikum hindurch-arbeiten musste, um dem näher zu kommen, was es heißt Authentizität zu verkörpern und die eigene
Biographie in all seinen Brüchen zur Aufführung zu bringen.